EU-Rahmen nutzen: Arbeitszeitgesetz reformieren
Die global vernetzte, digitale Arbeitswelt benötigt andere Regelungen als die traditionelle, industriegeprägte „vor Ort“-Arbeitswelt. Die europäische Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung (2003/88/EG) bildet diese notwendige Differenzierung ab. Eine Reform des deutschen Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) auf dieser Grundlage ist überfällig. Dafür sind entscheidend:
- Höchstarbeitszeit: Bisher erlaubt das ArbZG eine tägliche Höchstarbeitszeit von maximal zehn Stunden. Gerade in internationalen Unternehmen mit Beschäftigten in verschiedenen Zeitzonen ist das oft nicht praktikabel. Mehr Flexibilität bietet die von der EU festgelegte Wochenhöchstarbeitszeit. Mehrere Mitgliedsstaaten nutzen diese EU-Richtlinie bereits und haben flexible wöchentliche Arbeitszeiten statt täglicher Höchstarbeitszeiten eingeführt.
- Vertrauensarbeitszeit: Eine moderne Arbeitskultur setzt auf Vertrauensarbeitszeit für „Mitarbeiter mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis“. Die Lufthansa Group ermöglicht Vertrauensarbeitszeit bereits seit 2008. Die von dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und dem Bundesarbeitsgericht (BAG) entwickelte Arbeitszeiterfassung ab „Minute eins“ baut dagegen erhebliche bürokratische Hürden auf. Zudem unterläuft sie die über Jahrzehnte mit den Sozialpartnern etablierte Vertrauenskultur in Unternehmen.
Der deutsche Gesetzgeber sollte endlich die Möglichkeiten der europäischen Arbeitszeitrichtlinie nutzen, um eine zeitgemäße und flexible Arbeitszeitgestaltung zu ermöglichen.
Verlässliche Spielregeln für Streiks
Konfrontation statt Kooperation gefährdet Wachstum und Wohlstand. Das deutsche Streikrecht sollte für Bereiche wie den Luftverkehr, in denen Streiks unbeteiligte Dritte (etwa Passagiere) erheblich beeinträchtigen, angemessen reguliert werden. Es muss gelten: Schlichtung vor Streik. Spanien kann als Vorbild dienen: Ein Dreiklang aus Ankündigungsfristen, Notdienstvereinbarungen und verpflichtendem Schlichtungsverfahren sorgt dort für Verhältnismäßigkeit im Streikrecht.
Streikbelastungen im ersten Quartal 2024
Bürokratie abbauen, Digitalisierung vorantreiben
Deutschland muss unnötige bürokratische Belastungen im Arbeitsrecht weiter konsequent abbauen und gesetzliche Regelungen an die digitale Arbeitswelt anpassen. Ein Fortschritt ist die Änderung im Nachweisgesetz: Seit Januar 2025 können Unterlagen über wesentliche Arbeitsbedingungen (Gehaltsanpassungen, Urlaubstage etc.) digital in Textform übermittelt werden. Dennoch bedarf es weiterer Reformen bei der IT-Mitbestimmung und reduzierter Formvorschriften, etwa bei Arbeitszeugnissen. Digitale Lösungen müssen bürokratiearm, einfach und kostengünstig umsetzbar sein. Zudem sollten sich staatliche Institutionen besser untereinander vernetzen, sodass relevante Daten nach dem Once-Only-Prinzip nur einmal erfasst und effizient genutzt werden. Schließlich sollten alle gesetzliche Dokumentationspflichten regelmäßig auf ihre Notwendigkeit geprüft werden.
Arbeit muss sich lohnen
Die Attraktivität von Arbeit hängt wesentlich davon ab, wie viel Nettolohn bei den Arbeitnehmern ankommt. Statt über einen höheren Brutto-Mindestlohn zu diskutieren, sollten Steuern und Abgaben gesenkt werden, um das Nettoeinkommen zu steigern. Außerdem sollte der Gesetzgeber Anreize für freiwillige Mehrarbeit schaffen, ohne bürokratisch aufwändige Regelungen wie steuer- und sozialversicherungsfreie Überstundenzuschläge einzuführen.